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October 8, 1991

The Chancellor's [Helmut Kohl's] Meeting with Croatian Foreign Minister Separovic on Monday, 7 October 1991

AL 2                                                                                                                                       Bonn, den 8. Oktober 1991

V e r m e r k

Betr.: Gespräch des Herrn Bundeskanzlers mit dem kroatischen Außenminister Separovic am Montag, 7. Oktober 1991[1]

Der Bundeskanzler heißt Außenminister Separovic willkommen. AM Genscher habe bereits unsere grundsätzliche Position zu den anstehenden Problemen dargelegt. Er wolle aber auch seinerseits noch einmal sagen, daß es aus unserer Sicht jetzt wichtig sei, daß Kroatien weiterhin auf einer Fortsetzung der Friedenskonferenz bestehe und ferner nichts tue, was den Vorwurf nach sich ziehen könne, Kroatien habe einseitig den Waffenstillstand gebrochen.

Wir seien bereit, das Menschenmögliche zu tun, um Kroatien zu helfen. Kroatien müsse aber verstehen, daß wir in der Frage der Anerkennung nicht die Koalition von 1941, nämlich Deutschland, Italien und Ungarn wieder aufleben lassen könnten. Es sei ihm aber in zwei langen Gesprächen gelungen, den französischen Präsidenten Mitterrand in dieser Frage zu bewegen. Für ihn sei wichtig, daß niemand widerspreche, wenn Kroatien seine Unabhängigkeit erkläre.

Ferner sei jetzt entscheidend, die Frage der Minderheiten zu lösen. Er würde gerne wissen, wie der Außenminister diese Frage beurteile.

AM Separovic erwidert, es werde auf der Haager Konferenz zu einer Anhörung hierüber kommen, an der allerdings von serbischer Seite Vertreter beteiligt seien, die keine Legitimität hätten. Man werde sich daher bemühen, auch vernünftige Vertreter der serbischen Minderheit einzubeziehen. Kroatien sei bereit, über die Minderheitenrechte zu sprechen. Dabei dürfe man allerdings nicht übersehen, daß das eigentliche Problem bei den Albanern im Kosovo sowie den Ungarn und den Kroaten in der Vojwodina liege. Kroatien sei bereit, auch eine internationale Kontrolle zu akzeptieren und in dieser Frage soweit wie möglich zu gehen.

Der Bundeskanzler wirft ein, dem Außenminister sei sicherlich bewußt, daß man sich in dieser Frage am Anfang nicht gut verhalten habe. Dies habe er auch Präsident Tudjman sehr offen gesagt. Man müsse jetzt eine Regelung für die Zukunft finden. Der Bundeskanzler stellt die Frage, was passieren werde, wenn das Brioni-Abkommen auslaufe.

AM Separovic erwidert, er habe hierüber gerade mit Präsident Tudjman gesprochen. Dieser erwarte von Deutschland eine besondere Unterstützung in der derzeitigen Lage, die absolut kritisch sei. Er brauche nur an die Angriffe auf Zadar und Dubrovnik zu erinnern. Jetzt stünde die jugoslawische Volksarmee 30 km vor Zagreb, und man müsse einen Angriff auf die Hauptstadt befürchten. Die JVA habe schon angekündigt, daß sie auch Wohnsiedlungen angreifen werde. Man habe daher die Zivilbevölkerung entsprechend gewarnt. AM Mock habe auf seine Bitte das IRK eingeschaltet.

Man habe mit einem offenen Zerstörungskrieg gegen Kroatien zu tun. Serbien habe die allgemeine Mobilmachung in Serbien selbst und in Montenegro veranlaßt. Kroatien habe sich auf eine allgemeine Bereitschaft beschränkt, zumal man nicht über ausreichend Waffen verfüge.

Auf die Frage des Bundeskanzlers, wie das Parlament sich morgen verhalten werde, erwidert AM Separovic, das Parlament werde erneut eine Erklärung zu Unabhängigkeit abgeben, aber gleichzeitig auf eine Fortsetzung der Friedenskonferenz über Jugoslawien drängen, um die Unabhängigkeit von Kroatien und Slowenien und den anderen Republiken, die dieses wollten, durchsetzen zu können. Man dürfe bei all dem nicht übersehen, daß die Armee von Kommunisten geführt werde, die verrückt geworden seien. In Belgrad habe es einen regelrechten Putsch gegeben, und man habe leider eine entsprechende Reaktion im Westen vermißt. BM Genscher habe ihm allerdings versichert, daß Deutschland die Machtübernahme in Belgrad nicht akzeptiere. Es gebe kein legitimes Staatspräsidium mehr.

Unter diesen Umständen wäre die normalste Sache die Anerkennung von Kroatien, Slowenien und der anderen Republiken, die dies wünschten. Kroatien tue nichts anderes als sich zu verteidigen und seine Bürger zu schützen, damit sie nicht umgebracht würden. Kroatien verteidige das christliche Europa. Es kämpfe um sein Überleben ohne Unterstützung von außen. Er wolle, wenn möglich, morgen in die USA reisen und dort mit dem amerikanischen Außenminister Baker zusammentreffen und bitte hierfür auch um Unterstützung der Bundesregierung.

Der Bundeskanzler trägt dem Unterzeichner auf, sich dieser Frage anzunehmen. Er fügt hinzu, daß der Außenminister davon ausgehen könne, daß wir das Menschenmögliche täten, um Kroatien zu helfen. Morgen früh werde er das Problem in einem Koalitionsgespräch behandeln. Er müsse aber zusehen, daß er eine Mehrheit in der EG auf unsere Seite ziehe. Ein deutscher Alleingang in der Frage der Anerkennung sei nicht möglich.

AM Separovic erklärt, in den USA und Großbritannien würde den Kroaten ständig die Ustacha-Vergangenheit vorgehalten. Er gebe zu, daß es auch eine kleine Gruppe von Leuten gebe, die sich ausdrücklich zur Ustacha-Vergangenheit bekenne. Der Anführer der sogenannten "Schwarzen Legion" habe sich entsprechend im australischen Fernsehen präsentiert. Dies habe der kroatischen Sache ungeheuer geschadet. Man müsse auch sehen, daß die Lage für Präsident Tudjman nicht einfach sei. Es gebe starke Gruppen, die gegen jegliche Kompromisse bei der Haager Friedenskonferenz seien.

Der Bundeskanzler erklärt, er verstehe die Verbitterung über die genannten Anwürfe im westlichen Ausland. Wir machten auch immer wieder entsprechende Erfahrungen. Andererseits wolle er doch sagen, daß sich die Lage in der Europäischen Gemeinschaft im Sinne Kroatiens verändert habe. Er habe im übrigen am vergangenen Freitag offen von einer Militärjunta gesprochen. Hiergegen habe sich kein Widerspruch erhoben.

AM Separovic erklärt, es wäre sehr wichtig, Druck darauf auszuüben, daß die jugoslawische Volksarmee aus Kroatien zurückziehe. Dann könnten Friedenstruppen einrücken und sowohl die serbische Minderheit als auch die Grenzen von Kroatien schützen.

 

(Dr. Hartmann)

 

[1] BArch, B 136/59746, 194-196.

Head of Department 2                                                                                                                   Bonn, 8 October 1991

 

M e m o r a n d u m

 

Subject: The Chancellor's Meeting with Croatian Foreign Minister Separovic on Monday, 7 October 1991[1]

 

The Chancellor greets Foreign Minister Separovic. Foreign Minister Genscher had already explained our principal position on the pending problems. He wanted to again emphasize that, from our viewpoint, it was important for Croatia to insist on the continuation of the peace conference and not to do anything that could lead to the accusation that Croatia had violated the ceasefire.

We were ready to do all that is humanly possible in order to help Croatia. However, with regards to recognition, Croatia had to understand that we could not revive the 1941 coalition of Germany, Italy and Hungary. In two long conversations, he had managed to move around French President Mitterrand with regards to this question. From his perspective, it was important that nobody publicly opposes Croatia’s independence, when it is declared. Moreover, it was crucial to resolve the question of minorities. He was interested in the Foreign Minister’s thinking on this.

Foreign Minister Separovic replies that there would be a hearing at the conference in The Hague on this issue, including from the participating representative of the Serbian side, that did not have legitimacy. Hence, one tried to include sensible representatives from the Serbian side as well. Croatia was ready to discuss minority rights. At the same time, one must not ignore the fact that the true problem was with the Albanians in Kosovo, as well as with the Hungarians and the Croats in Vojvodina. Croatia was also ready to accept international control and to go as far as possible in this regard.

The Chancellor inserts that the foreign minister was certainly aware that Croatia had not conducted itself well on this question in the initial stages. He was very outspoken about it in his conversation with President Tudjman. One had to find a solution for the future. The Chancellor queries what would happen when the Brioni-Deadline expired.

Foreign Minister Separovic replies that he had just discussed this with President Tudjman. In the current, critical situation, he expected support from Germany, in particular. He just had to remind the Chancellor of the attacks on Zadar and Dubrovnik. Meanwhile, the Yugoslavian People’s Army was just 30 km away from Zagreb, and one feared an attack on the capital. The Yugoslavian army had already announced that they would also attack residential areas. One had warned the civilian population accordingly. Foreign Minister Mock had contacted the International Red Cross upon our request.

One was confronted with an openly destructive war against Croatia. Serbia had issued a general mobilization in Serbia, itself, as well as in Montenegro. Croatia had restrained itself to a general preparedness, especially as one did not have adequate weaponry.

Upon the Chancellor’s question about how the parliament would act tomorrow, Foreign Minister Separovic replies that it would again issue a declaration on independence but would, at the same time, press for the continuation of the peace conference on Yugoslavia to push through the independence of Croatia, Slovenia, and all the other republics which wanted this. In all of this, one must not forget that the army was led by Communists who had gone crazy. There had been a real coup in Belgrade, and one missed an appropriate reaction in the West. Foreign Minister Genscher had pledged that Germany did not accept the takeover in Belgrade. There was no longer a legitimate state presidium.

Against this backdrop, the recognition of Croatia, Slovenia, and the other republics would be the most normal thing in the world. Croatia did nothing other than simply defend itself and protect its citizens so that they were not killed. Croatia defend Christian Europe. It fought for its survival with exogenous assistance. If possible, he wanted to travel to the USA tomorrow and meet with Secretary of State Baker. He asked the federal government for support in this respect as well.

The Chancellor orders the signatory to take care of this question. He added that the foreign minister could be certain that we did all that was humanly possible in order to help Croatia. He would discuss the question in a coalition meeting tomorrow morning. He had to ensure that we bring a majority in the EC onto our side. A German solo effort on this question was impossible.

Foreign Minister Separovic says that in the USA and in Great Britain, the Croats were always reproached for their Ustacha past. There was a small group of people who committed themselves openly to the Ustacha past. The leader of the so-called "Black Legion" had presented himself, accordingly, on Australian television. This had harmed Croatia’s cause tremendously. One had to take into account that the situation for President Tudjman was not easy. There were strong groups who were opposed to any compromise at the peace conference in The Hague.

The Chancellor says that he understood the bitterness about the accusations in West. We also had similar experiences, time and again. On the other hand, he wanted to say that the situation within the European Community had shifted to the benefit of Croatia. By the way, last Friday, he had referred [to the government in Belgrade] as an open military junta. There was no opposition in this regard.

Foreign Minister Separovic notes that it would be very important to exercise pressure and demand the withdrawal of the Yugoslavian army from Croatia. Peace forces could then move in and protect both the Serbian minority and the frontiers of Croatia.

 (Dr. Hartmann)

 

[1] BArch, B 136/59746, 194-196.

Kohl and Separovic examine the situation in Croatia against the backdrop of the fact that the Yugoslavian People's Army was just 30km away from Zagreb. Separovic asks for assistance and international recognition. 


Document Information

Source

BArch, B 136/59746, 194-196. Contributed, transcribed, and translated by Stephan Kieninger.

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Original Uploaded Date

2023-05-09

Type

Memorandum of Conversation

Language

Record ID

300146