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April 26, 1991

The Chancellor’s [Helmut Kohl's] Meeting with French President Mitterrand on Wednesday, 24 April 1991, in Paris

AL 2                                                                                                                                                      

Bonn, 26. April 1991

V e r m e r k

Betr.: Gespräch des Herrn Bundeskanzlers mit dem französischen Präsidenten Mitterrand am Mittwoch, 24, April 1991, in Paris[1]

 

Der Bundeskanzlerschildert eingangs die Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland. Die wirtschaftliche Lage in den alten Bundesländern sei gut. Schwierig sei hingegen die Lage in den neuen Ländern. Größtes Problem sei, daß die Menschen sich mit der neuen Lage schwertäten. Beispielswiese gebe es nicht genug erfahrenes Verwaltungspersonal. Hinzu komme, daß die Menschen in den neuen Bundesländern glaubten, alles könne sofort verbessert werden.

Er habe am letzten Sonntag eine Wahlschlappe einstecken müssen. Dies sei aber nicht so schlimm, wie es die französischen Zeitungen darstellten. Die Bundesregierung habe eine Mehrheit von 60% im Bundestag. Allerdings seien die ständigen Wahlen ein Problem. Wenn die Regierung unpopuläre Maßnahmen ergreife, müsse sie immer eine Wahl in Rechnung stellen.

Der Bundeskanzler schlägt sodann vor, daß man über die Probleme des Nahen und Mittleren Ostens spricht.

Präsident Mitterrand greift dies auf und erklärt, im Augenblick gebe es eine israelische Blockade. Dahinter stecke, daß Israel beispielsweise beabsichtige, die Siedlungen im Westjordanland weiterzuführen. Alles, was dem entgegenstehe, werde daher von israelischer Seite abgelehnt, obschon man das nicht offen zugebe. Vor allem Shamir werde von dieser Grundhaltung bestimmt.

Natürlich gebe es zugleich einen berechtigten Grund auf israelischer Seite: Israel müsse ständig auf der Hut sein und habe kein Vertrauen in die internationale Gemeinschaft, sondern nur in sich selbst. Wenn Israel das Gefühl erhalte, daß seine Sicherheit garantiert werde, könne man mit einer etwas progressiveren Regierung vielleicht weiterkommen.

Die Amerikaner hätten jetzt eine sogenannte Regionalkonferenz vorgeschlagen. In Wirklichkeit handele es sich natürlich schon um eine internationale Konferenz, da mehrere Länder, u.a. die Sowjetunion, daran teilnähmen. Es stelle sich die Frage, warum ausgerechnet die Sowjetunion zur Teilnahme eingeladen worden sei. Dies hätte vor Jahren noch einen gewissen Sinn gemacht, als das sowjetische Imperium noch eine Rolle spielte und die Sowjetunion enge Beziehungen zu Ländern wie Syrien unterhielt. Andererseits seien Ländern wie Großbritannien und Frankreich - und auch Deutschland - von dieser Konferenz ausgeschlossen. Es sei ganz eindeutig, daß dahinter israelische Ranküne stecke. Dafür gebe es Gründe, die nicht haltbar seien. Beispielsweise werfe Israel Frankreich vor, dem Irak Raketen geliefert zu haben. Tatsächlich handele es sich um Raketen mit 40 km Reichweite. Andererseits habe die Sowjetunion, die an der Konferenz teilnehme, die Scuds gebaut.

Es handele sich also eindeutig um israelische Vorwände. Frankeich stelle sich aber nicht gegen die von amerikanischer Seite vorgeschlagene Regionalkonferenz. Präsident Bush habe ihn ausdrücklich gefragt, ob Frankreich sich daran störe, daß es zu dieser Konferenz nicht eingeladen sei. Er habe darauf geantwortet, daß der hierüber nicht traurig sei, zumal es sich um eine Konferenz handele, die ohnehin keinen Erfolg haben werde. Er glaube wirklich nicht an einen Erfolg, da Israel nicht werde mit sich reden lassen.

Natürlich gebe es denkbare Lösungen für das Palästinenserproblem. Beispielweise sei es durchaus denkbar, daß Israel mit den Palästinensern und Jordanien ein Teilabkommen schließe. Dies alles läge aber derzeit nicht in Israels Absicht. Wenn man nichts für die Palästinenser tue, würden die positiven Folgen des Golfkriegs zunichte gemacht. Dann müsse man sich auf sehr viel kritischere Fragen gefaßt machen, etwa die, daß dieser Krieg nur geführt worden sei, um die Ölversorgung zu sichern und dem Irak eine Niederlage beizubringen. Eine solche Entwicklung wäre gefährlich.

Daher insistiere Frankreich gegenüber den USA darauf, daß der israelisch-arabische Konflikt, aber auch das Libanonproblem geregelt würden. Die Europäer müßten fortfahren, sich für einen Frieden zwischen Israel und den arabischen Staaten einzusetzen. Dafür gebe es verschiedene Modelle, etwa das einer Konföderation, verbunden mit Garantien etwa für die Demilitarisierung der Westbank und einer gemeinsamen Verwaltung. Allerdings müsse man sehen, daß es im Libanon überhaupt nicht vorangehe. Das liege auch daran, daß sich die USA derzeit auf Syrien abstützten.

Der Bundeskanzler erwidert, seine Beurteilung entspreche der des Präsidenten. Wenn es keine Änderung zugunsten der Palästinenser gebe, werde man in der Tat den Vorwurf ernten, daß es beim Golfkrieg um Öl und Geld gegangen wäre. Auch er befürchte, daß Shamir nicht bereit sei, etwas zu ändern. Andererseits habe Shimon Perez zur Zeit keine Chance.

Sein kürzliches Gespräch mit dem israelischen Außenminister Levy in Bonn habe ihn geradezu elektrisiert. Dieser habe die Bitte vorgetragen, daß die Bundesrepublik Deutschland Israel 10 Mrd. DM - teils als Kredit, teils als Direktfinanzierung - gebe, um die Ansiedlung von 1 Mio. Juden aus der Sowjetunion bewerkstelligen zu können. Die entscheidende Frage habe Levy allerdings nicht beantwortet, nämlich ob Israel beabsichtige, die Neueinwanderer in den besetzten Gebieten anzusiedeln. Er habe hierauf weder "nein", noch "ja" gesagt. Wenn dies die israelische Politik sei, sei eine Explosion unvermeidlich. Damit werde das Palästinenserproblem erheblich verschärft und die Lage danach werde schlimmer sein, als sie heute schon sei. Er habe dies auch Präsident Bush erläutert und ihm gleichzeitig gesagt, daß die USA jetzt eine einmalige Chance hätten. Wenn die USA Israel nicht dazu brächten, eine vernünftige Rolle zu spielen, dann werde man sich binnen eines Jahres einer schlimmen Situation gegenübersehen.

Präsident Mitterrand wirft ein, dies müsse man den Amerikanern in der Tat klar und deutlich sagen.

Der Bundeskanzler fährt fort, er werde Präsident Bush im Mai treffen und dabei auch diese Frage besprechen. Im übrigen werde die Bundesregierung nicht in der Lage sein, Israel in dem Maße zu helfen, wie das die Israelis sich vorstellten, und auch nur unter der Bedingung, daß damit keine Unterstützung für die Ansiedlung in den besetzten Gebieten verbunden sei. Was ihn erstaunt habe sei die Tatsache, daß AM Levy das Palästinenserproblem mit großer Kühle abgetan habe.

Präsident Mitterrand wirft ein, man werde dieses Problem noch lange vor sich herschieben.

Der Bundeskanzler erklärt, dies werde möglicherweise der Fall sein. Dann werde die Lage aber immer schlimmer. Es stelle sich die Frage, ob man beispielsweise auf der EG-Ebene noch einmal die Amerikaner "pushen" solle.

Präsident Mitterrand erklärt, er sei dazu bereit.

Der Bundeskanzler erklärt, die Entwicklung betreffe auch andere Länder der Region und ihre Regierungen. Insbesondere Präsident Mubarak in Ägypten, König Hussein von Jordanien, aber auch das Herrscherhaus in Saudi-Arabien würden in Mitleidenschaft gezogen, wenn das einzige Ergebnis des Golfkrieges sei, daß der Emir von Kuwait wieder in Amt und Würden sei.

Präsident Mitterrand erklärt, in Kuwait liefen die Dinge nicht gut. Auch dort müsse die Demokratie Fuß fassen.

Der Bundeskanzler stimmt zu und erklärt, zumindest müsse dies Schritt für Schritt erreicht werden. Im übrigen habe das Regime Saddam Hussein gerade in der Kurdenfrage sein wahres Gesicht gezeigt.

Präsident Mitterrand stimmt dem zu und erklärt, die Tatsache, daß jetzt westliche Soldaten auf irakischem Territorium tätig würden, sei von größter Bedeutung. Dies könne positive Wirkungen haben, habe allerdings auch eine problematische Seite, da die politische Landkarte auf der Welt in vielen Ländern nicht der der Ethnien entspreche. Die Länder der Dritten Welt würden nicht akzeptieren, daß man auf diese Weise einen Einstieg zur Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten schaffe. Daher müsse man klar sagen, daß die jetzige Hilfsaktion ausschließlich humanitären Charakter habe.

Der Bundeskanzler erklärt, die deutsche Seite habe jetzt die Koordinierung der Hilfsaktion im Iran übernommen. Wir seien dort stark engagiert. Es gebe eine Luftbrücke dorthin und es seien auch deutsche Bundeswehrsoldaten im Einsatz. Niemand wisse allerdings, wie sich das alles entwickele. Es gebe 1 Mio. kurdische Flüchtlinge im Iran. Man müsse sich fragen, was geschehe, wenn diese nicht in ihre Heimat zurückkehren könnten. Hier entstehe möglicherweise ein neues Palästinenserproblem.

Präsident Mitterrand wirft ein, vielleicht müsse man versuchen definitiv einen Status für die Kurden festzulegen.

Der Bundeskanzler stimmt zu und erklärt, hierzu müsse man die Nachbarländer gewinnen. Er glaube im übrigen, daß der Iran jetzt sehr viel offener gegenüber dem Westen sei. Er habe ausführlich mit Präsident Rafsanjani telefoniert, dem man die Unruhe über die Entwicklung in seinem Lande deutlich anmerke.

Staatspräsident Mitterrand wirft ein, die Iraner kümmern sich sehr nachdrücklich um die Flüchtlinge.

Der Bundeskanzler stimmt zu.

Der Bundeskanzler schlägt sodann vor, über die Entwicklung in der Sowjetunion zu sprechen. Er habe heute mit Präsident Gorbatschow telefoniert, der die Frage, ob er es schaffe, ausdrücklich bejaht habe. Gorbatschow sei auch überzeugt, daß er die neue Ordnung in den Republiken und die Wirtschaftsgesetze durchbringen werde. Er selbst sei allerdings skeptisch, was den letzten Punkt angehe.

Präsident Mitterrand wirft ein, er werde Anfang Mai nach Moskau reisen und frage sich jetzt schon, mit welchen neuen Entwicklungen er dann konfrontiert sein werde.

Der Bundeskanzler erklärt, kürzlich sei Jelena Bonner bei ihm gewesen. Sie sei sicher eine ehrenwerte Dame, aber habe unmögliche Ansichten. Beispielsweise trete sie nachdrücklich für die Auflösung der Sowjetunion in Einzelrepubliken ein. Seine Frage, was dann mit den Atomwaffen geschehe, habe sie nicht beantworten können.

Präsident Mitterrand erklärt, wenn man auf diese Art Leute höre, breche die ganze Welt zusammen, heute Jugoslawien, morgen die CSFR.

Der Bundeskanzler erklärt, es geben im Grunde genommen nur drei Alternativen:

- Gorbatschow werde sich and der Macht halten.

- Es werde zu einer Übergansphase mit einem populistischen Regime kommen.

- Oder das Militär übernehme die Macht.

Präsident Mitterrand wirft ein, letzteres sei sicher nicht die beste Alternative.

Auf eine entsprechende Frage des Bundeskanzlers erklärt sich Präsident Mitterrand bereit, diesen nach seiner Moskaureise eingehend zu unterrichten.

Der Bundeskanzler fährt fort, Gorbatschow habe ihm heute erklärt, daß die nächsten acht Tage entscheidend sein würden. Er selber mache sich die größten Sorgen über die ökonomische Entwicklung in der Sowjetunion.

Präsident Mitterrand erklärt, da könne man von unserer Seite nichts ändern.

Der Bundeskanzler fährt fort, man habe es schon mit absurden Entwicklungen zu tun. Im Augenblick verlöre die Sowjetunion Erdgasproduktion, weil die Leitungen defekt seien. Wir hatten angeboten, daß westliche Firmen Reparaturen durchführten und dann mit dem Geld bezahlt würden, daß mit den zusätzlichen Lieferungen verdient würde.

Es fehle im Grunde genommen an einer zentralen Instanz, mit der man über Wirtschaftsfragen reden könne. Der derzeitige Ministerpräsident Pawlow habe von diesen Dingen keine Ahnung. Es gebe nach wie vor einen Konflikt zwischen den Reformern und den Vertretern der alten Garde. Die RFSR wünsche beispielswiese einen Wirtschaftsvertrag abzuschließen, aber Moskau sage hierzu klar, daß die Republiken dafür keine Kompetenz hätten. Es herrsche im Grunde genommen unbeschreiblicher Wirrwarr.

Präsident Mitterrand erklärt, in der Tat nähere man sich bald dem Zustand der Anarchie. Dies sei deshalb gefährlich, weil sich das ganze vor unserer Haustür abspiele.

Der Bundeskanzler erklärt, hinzu komme für uns, daß nach wie vor 400.000 sowjetische Soldaten in Deutschland stünden. Deren Lage mache ihm Sorge. Nicht, daß er befürchte, daß es zu einer militärischen Auseinandersetzung komme, aber die äußeren Umstände für die sowjetischen Streitkräfte seien katastrophal. Er nenne nur die Stichworte Kriminalität und Desertion.

Präsident Mitterrand stellt die Frage, was Gorbatschow zu tun gedenke.

Der Bundeskanzler erklärt, der Abzug der sowjetischen Soldaten gehe entsprechend dem Abzugsvertrag vonstatten, wobei man sehen müsse, daß die sowjetischen Truppen aus Deutschland schneller abzögen als aus Polen. In diesen Zusammenhang sei erwähnenswert, daß die Sowjets noch zwei Panzerdivisionen an der polnisch-sowjetischen Grenze unterhielten. Er wolle versuchen, mit Gorbatschow die Abzugsfrist zu verkürzen. Das liege nicht nur an dessen guten Willen, sondern auch daran, daß es keine Unterkünfte für die sowjetischen Soldaten gebe. Wir hätten ein Wohnungsbauprogramm in Gang gesetzt, dessen Durchführung immer noch auf Schwierigkeiten stoße. Insgesamt habe man es mit einer besorgniserregenden Entwicklung zu tun.

Der Bundeskanzler fragt sodann, welche Eindrücke der Präsident von seiner Reise nach Rumänien mitgebracht habe.

Präsident Mitterrand erklärt, er habe keinen schlechten Eindruck gewonnen. Es handele sich um ein Land, das sich noch um seine Orientierung bemühe. Es gebe eine starke Opposition, vor allem im universitären Bereich. Diese stelle aber keine echte politische Kraft dar. Präsident Iliescu sei ziemlich populär, und selbst der Oppositionsführer habe ihm erklärt, daß Iliescu gewinnen würde, wenn jetzt Wahlen anstünden.

Auch in Rumänien gebe es allerdings eine starke Neigung zum Chaos. Er halte es dessen ungeachtet für einen Fehler, wenn man dem Präsidenten oder dem Ministerpräsidenten ihre kommunistische Vergangenheit vorhielte. Sie hätten sich immerhin deutlich bekehrt. Er sei dafür, mit denjenigen zusammenzuarbeiten, die nun einmal da seien.

Außerdem habe Rumänien beachtliche Ressourcen. Aber wie alle kommunistischen Systeme könne niemand damit umgehen. Rumänien müsse seine Strukturen total umbauen. Aber auch Gorbatschow habe beispielweise dazu nicht den Mut. Diejenigen, die sich dazu entschlössen, hätten sicher fünf schwere Jahre vor sich; für die anderen, die dazu nicht bereit seien, werde die Entwicklung tödlich verlaufen.

Der Bundeskanzler erklärt, wir hätten unsere Erfahrungen mit der Lage in der früheren DDR. Man brauche sehr viel Geduld. Was ihn besonders beunruhige sei die wirtschaftliche Entwicklung in Polen.

Präsident Mitterrand erklärt, Walesa sei kürzlich in Paris gewesen. Er habe aber wohl die Probleme, über die er mit ihm habe sprechen wollen, nicht begriffen.

Der Bundeskanzler wirft ein, Ministerpräsident Bielecki sei ein vorzüglicher Mann. Demgegenüber sei Walesa weniger für die praktische Politik geeignet.

Das Gespräch wird bei dem nachfolgenden Abendessen fortgesetzt.

Präsident Mitterrand erklärt, auf die europäische Entwicklung eingehend, es gebe ein wichtiges Problem, das ihm Sorge bereite. Wir hätten beispielsweise in der EG-Binnenmarktregeln für die europäischen Firmen entwickelt, an die sich aber andere, beispielsweise die Japaner, nicht hielten. Man solle sich nur einmal vor Augen halten, wie die Japaner es geschafft hätten, den amerikanischen Markt zu erobern. Der jetzt offene Binnenmarkt gebe den Japanern zusätzliche Vorteile und Chancen. Die Europäische Kommission nehme die Haltung ein, daß man den Japanern den Markt öffnen müsse, um den freien Welthandel nicht zu gefährden.

Wenn man aber sehe, wie beispielsweise die Japaner in Amerika Chrysler und Ford in Bedrängnis gebracht hätten, könne man sich ausmalen, wie sich deren Vordringen demnächst auf die europäische Industrie auswirken werde. Auf dem Gebiet der Elektronik habe man ohnehin die Schlacht fast verloren. Dies alles sei aus seiner Sicht sehr beunruhigend. Er sei mit Wettbewerb sehr einverstanden, wenn die Regeln von allen zu Hundertprozent eingehalten würden. Aber dies sei nicht so. Japan präsentiere sich nach wie vor als ein geschlossenes Imperium.

Der Bundeskanzler erklärt, man solle diese Frage auf dem bevorstehenden Europäischen Rat in Luxemburg ansprechen.

Präsident Mitterrand stimmt nachdrücklich zu und fügt hinzu, nach einer solchen Aussprache würden mindestens die Japaner wach.

Der Bundeskanzler bekräftigt, daß er sich nachdrücklich dafür einsetzen werde, daß Frankreich und Deutschland diese Frage auf die Tagesordnung setzten. Dabei müsse man auch entsprechende Beispiele zur Hand haben.

Auf die Regierungskonferenzen überleitend, erklärt der Bundeskanzler, es sei wichtig, daß das Bundeskanzleramt und der Elysée eng zusammenarbeiten, um die Dinge voranzubringen.

Frau de Margerie erläutert auf Bitte des Bundeskanzlers kurz ihre Vorstellungen zum Ablauf des ER in Luxemburg: Man solle unbedingt vermeiden, daß die Auffassungsunterschiede in Luxemburg zu sehr aufeinanderprallten und die Arbeit zurückwürfen. Vielmehr gehe es darum, eine Orientierung für die grundlegenden Fragen zu geben. Dies betreffe beispielsweise die GASP und die Kodezision.

Der Bundeskanzler erklärt, dies halte er für einen sehr klugen Vorschlag. Es gehe in der Tat darum, die Arbeiten richtig aufzuteilen. Er verfolge im übrigen die Taktik, daß man der niederländischen Präsidentschaft die Möglichkeit geben solle, erfolgreich zu agieren. Hierbei sei auch zu bedenken, daß die Niederländer offenbar auf die Nachfolge des Kommissionspräsidenten spekulierten. Sie könnten nicht gleichzeitig bremsen und eine solche Position anstreben.

Präsident Mitterrand stellt die Frage, in welchen Bereichen der Regierungskonferenz es Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich gebe.

Frau de Margerie erklärt, in fundamentalen Fragen gebe es keine Differenzen. Allerdings sei man sich hinsichtlich der Kodezision noch nicht einig. Das größte Problem stellten allerdings die Briten dar, die hier eine Minimallösung anstrebten.

Der Bundeskanzler erklärt, man solle auf Großbritannien und die dortigen Wahlen Rücksicht nehmen.

Präsident Mitterrand erwidert, er könne sich nicht für eine sofortige Erweiterung der Rechte des EP's erwärmen. Im Grunde genommen handele es sich bei dem EP nicht um ein wirkliches Parlament. Man brauche sich nur die französischen Vertreter im EP anzusehen, die in der französischen Politik so gut wie keine Rolle spielten.

Sein Wunsch sei, daß das EP zu einem wirklichen Parlament werde. Dann könne man ihm auch alle Rechte geben.

Der Bundeskanzler erwidert, dies gehe natürlich nicht über Nacht, aber die jetzige Lage sei nicht erträglich. Vielleicht solle man auch hier stufenweise vorgehen wie in anderen Bereichen.

Der Bundeskanzler wirft sodann die Frage des Beitritts der EFTA-Staaten auf. Wir müßten jetzt mit einem Beitritt Schwedens rechnen und dann werde mit Sicherheit auch Norwegen kommen.

Präsident Mitterrand erklärt, es gebe bereits den Beitrittsantrag von Österreich. Ferner drängten auch die Ungarn und die CSFR in die Gemeinschaft. Diese hätten bessere Chancen als Polen, weil sie ökonomisch weiter entwickelt wären. Dies alles gehe ihm zu schnell. Es sei allerdings wichtig, diesen Ländern zumindest die Beitrittsperspektive zu geben.

(Dr. Hartmann)

 

[1] BArch, B 136/59744, 235-244.

Head of Department 2                                                                                                                  

Bonn, 26 April 1991

 

M e m o r a n d u m

Subject: The Chancellor’s Meeting with French President Mitterrand on Wednesday, 24 April 1991, in Paris[1]

 

The Chancellor starts out by depicting the situation in the Federal Republic of Germany. The economic situation in the old provinces was good. However, the situation in the new provinces was difficult. The greatest problem was that people had problems adapting to their new position. For instance, there were not enough experienced administration personnel. In addition, people in the new provinces believed that everything could be improved at once.

Last Sunday, he swallowed an election defeat. This was not as bad as how French newspapers were portraying it. The federal government had a 60% majority in the Bundestag. However, permanent elections were a problem. If the government made unpopular decisions, one had to consider the next election.

The Chancellor suggests discussing the problems of the Near and Middle East.

President Mitterrand takes this up, saying there was a current Israel blockade. The reason behind it was the intention to continue the settlements in the West Bank. Every potential obstacle was rejected, albeit that nobody admitted this on the Israeli side. Shamir was particularly influenced by this fundamental position.

It goes without saying that there was a justified reason for the Israeli side: Israel had to be alerted for trouble permanently and did not have trust in the international community, but only in its own strength. If Israel felt that its security was guaranteed, we might be able to reach improvements with a more progressive government.

The Americans had suggested the convocation of a so-called regional conference. In fact, it was an international conference as several countries were supposed to participate, among them the Soviet Union. The question was why the Soviet Union was invited to take part in this endeavor. This would have made sense a couple of years ago when the Soviet empire had still played a role and had maintained close relations to Syria, among others. At the same time, counties such as Great Britain, France, and Germany were excluded from the conference. It was obvious that Israeli backstabbing was behind this. There were reasons that were untenable. For instance, Israel accused France of having supplied missiles for Iraq. In fact, those were missiles with 40 km reach. At the same time, the Soviets, who participated in the conference, had supplied Iraq with Scuds.

These were obviously Israeli excuses. However, France was not against the convocation of the regional conference proposed by the United States. President Bush had explicitly asked him whether France was worried because it was not invited to participate. He had responded that he was not too sad as it was, without doubt, a conference that would lead nowhere. He did not believe in success as Israel was not ready for sincere discussions.

There were, of course, feasible solutions for the Palestinian problem. For instance, it was conceivable that Israel could conclude a partial agreement with the Palestinians and Jordan. But this did not match Israel’s intentions. If one did not do anything for the Palestinians, this would undo the positive results of the Gulf War. One would then be confronted with much more critical questions like, for instance, that this war had only been conducted in order to secure oil supplies and to defeat Iraq. Such a development was dangerous.

Thus, France, in its relations toward the United States, insisted on a resolution for the Israeli-Arab conflict and the Lebanon problem. The Europeans had to continue pushing for a peace settlement between Israel and the Arab counties. There was a variety of models such as, for instance, a confederation linked with guarantees for the demilitarization of the Westbank and a joint administration. One had to certainly take into account that there was no progress at all in Lebanon. Part of the problem was also that the United States was currently bolstering Syria.

The Chancellor responds that the President’s assessment matched his own. If there were no changes to the benefit of the Palestinians, one would be faced with the accusation that the Gulf War had primarily been about oil and gas. His concern was also that Shamir was not ready for changes. At the same time, Shimon Perez currently did not stand a chance.

His recent conversation with Israel’s Foreign Minister Levy in Bonn had really electrified him. The latter had brought up the plea for 10 billon DM, partly as credits and partly as direct funding, in order to finance the settlement of one million Jews from the Soviet Union. However, Levy did not respond to the decisive question which was whether Israel was planning to settle the new immigrants in the occupied territories. He did neither say "no" or "yes.” If this was Israel’s policy, an explosion would be unavoidable. This further aggravated the Palestinian problem, and the situation would be worse than it is today. He informed President Bush, arguing that the United States had a unique chance. If the United States did not pressure Israel into playing a sensible role, one would be facing a worse situation in one year’s time.

President Mitterrand interjects that one had to tell the American in explicit terms.

The Chancellor continues saying that he would see President Bush in May and was planning to discuss this issue. Apart from this, the federal government would not be in a situation to help the Israelis by providing the amount that they envisaged – and they would only provide assistance under the condition that it would not be used for settlements in the occupied territories. He was astonished that Foreign Minister Levy dismissed the Palestinian problem with coldness.

President Mitterrand interjects that one would put off the issue for a long time.

The Chancellor says that this might be the case. This would worsen the situation. He raises the question of whether one ought to push the Americans on the level of the European Community.

President Mitterrand says he was ready for it.

The Chancellor says that the process also entailed other countries in the region, as well as their governments, particularly President Mubarak in Egypt and King Hussein of Jordan, but the ruling dynasty in Saudi-Arabia would also be negatively affected if the only result of the Gulf War was that the Emir of Kuwait was back in office again.

President Mitterrand argues that things were not going well even in Kuwait. Democracy had to take root there as well.

The Chancellor agrees, saying that this step, at least, had to be accomplished. Apart from this, Saddam Hussein’s regime had shown its true face with regards to the Kurdish question.

President Mitterrand agrees, saying that it was of great importance that Western soldiers were active on Iraq’s territory. This could have positive effect but also had a problematic side as political maps did not match ethnic maps in many regions of the world. The countries in the Third World were not accepting Western interference in their domestic affairs in this sense. Thus, one had to emphasize that this aid campaign merely was a humanitarian endeavor.

The Chancellor agrees, saying that Germany had taken over the coordination of the humanitarian aid campaign in Iraq. We were strongly engaged. There was an airlift and Bundeswehr soldiers were in use as well. However, nobody knew where this was going. There were 1 million Kurdish refugees in Iran. One had to raise the question about their destiny if they could not return to their homeland. This could potentially cause a new Palestinian problem.

President Mitterrand interjects that one perhaps ought to try to determine a definite status for the Kurdish refugees.

The Chancellor agrees, saying that we had to gain support from the neighboring countries. His assumption was that Iran was much more open to the West. He had an extensive telephone conversation with President Rafsanjani, who had shown nervousness about the developments in his country.

President Mitterrand inserts that Iran was taking good care of refugees.  

The Chancellor agrees.

The Chancellor suggests discussing developments in the Soviet Union. He had had a telephone conversation with President Gorbachev earlier today. He explicitly said he would make it upon the Chancellor’s question. Gorbachev was also convinced that he was able to establish the new order in the Republics and to push through his economic legislation. He himself was skeptical regarding the last point.

President Mitterrand inserts that he was planning to visit Moscow in early May. Which kind of new developments would await him then?

The Chancellor says Elena Bonner had recently visited him. She certainly was an honorable lady but had impossible views. For instance, she was strongly advocating the Soviet Union’s dissolution into single republics, but she could not respond to his question about the fate of nuclear weapons.

President Mitterrand says that the entire world would collapse if one listened to these people; today, Yugoslavia, tomorrow the CSFR.

The Chancellor identifies three basic alternatives: Gorbachev would remain in power, there would be a transitory phase with a populist regime, or the military would assume power.  

President Mitterrand inserts that the lattermost one would certainly not be the best alternative.

Upon the Chancellor’s request, President Mitterrand expresses his willingness to debrief the Chancellor in detail after his visit in Moscow.  

The Chancellor continues saying that Gorbachev had told him this morning that the next eight days would be decisive. His greatest concern was the Soviet Union’s economic development.

President Mitterrand says we did not have the means to change things ourselves.

The Chancellor says that we faced absurd developments. Currently, the Soviet Union was losing gas production because the transit pipes were damaged. We had offered that Western firms could repair them and could be paid with the revenues from increasing gas sales. Basically, there was a lack of a central organization whom one could approach in terms of economic questions. The current Prime Minister Pavlov had no idea about these issues. There was still a conflict between the reformers and the representatives of the old guard. The RFSR wanted to conclude an economic treaty, for instance, but Moscow argued that the Republic lacked the competence to do this. Essentially, there was incredible confusion.

President Mitterrand says one was, indeed, close to a state of anarchy. This was dangerous because it happened right at of our front door.

The Chancellor says that we were additionally faced with the problem of 400,000 Soviet soldiers deployed in Germany. Their situation worried him. He did not fear military confrontations, but the external relations for the armed forces were catastrophic. He just wanted to refer to the catchwords: criminality and desertion.

President Mitterrand raises the question of what Gorbachev would do.

The Chancellor notes that the Soviet withdrawal was proceeding according to the withdrawal treaty, but one had to take into account that the Soviet troops were withdrawing faster from Germany than from Poland. In this context, it was worth noting that the Soviets still maintained two tank divisions close to the Polish-Soviet border. He was trying to shorten the withdrawal deadline with Gorbachev. This was not just a matter of Gorbachev’s goodwill; the problem was the lack of accommodation for the Soviet soldiers. We had established a housing program that still faces difficulties. All in all, we dealt with an alarming situation.

The Chancellor then inquires about the President’s impressions from his journey to Romania.

President Mitterrand says his impressions were not negative. It was a country which was still in search for orientation. There was a strong opposition, primarily in the realm of universities. But it was not a real political force. President Iliescu was quite popular, and even the opposition leader told him that Iliescu would win if there were elections. However, there was also a tendency toward chaos in Romania. Nevertheless, he saw it as a mistake to hold the President and the Prime Minister to their Communist past. He was in favor of cooperating with those people who were in power.

Other than that, Romania had considerable resources. But nobody was able to make good use of them such as in all Communist countries. Romania had to modify its structures entirely. But Gorbachev lacked the courage to do it, as well. Those who would be doing it were certainly facing five tough years. Those who were not ready would be facing a deadly development.

The Chancellor says we had our own experience with the situation in the former GDR. One needed plenty of patience. He was particularly concerned about economic developments in Poland.

President Mitterrand says Walesa had recently been in Paris. It was obvious that he did not grasp the problems that he, the President, wanted to discuss with him.

The Chancellor inserts that Prime Minister Bielecki was an excellent man. In contrast, Walesa was not well-suited for practical politics.

The conversation continues over dinner.

President Mitterrand says, with regard to European developments, that there was one important problem worrying him. We had established rules for European companies as part of our EC internal market regulation. Others like, for instance, the Japanese, did not obey to these rules. One ought to bear in mind how the Japanese had managed to conquer the American market. The openness of the EC’s internal market gave the Japanese additional advantages and chances. The European Commission took the position that one had to open the market for the Japanese in order not to threaten liberal global trade.

If one took into account how the Japanese brought Chrysler and Ford into distress in the USA, one could envisage the impact that their advances would have on Europe’s industry. One had almost lost the battle in the field of electronics. He found competition agreeable if the rules were obeyed to one hundred percent by everybody. But this was not the case. Japan was still presenting itself as a closed empire.

The Chancellor points out that one ought to discuss this question during the forthcoming European Council meeting in Luxembourg.

President Mitterrand affirms this and adds that such a discussion would, at least, awaken the Japanese.

The Chancellor affirms that he was advocating the idea for France and Germany to put this issue on the agenda. One needed relevant examples at hand.

Leading over to the convocation of the intra-governmental conferences, the Chancellor underlines the importance of close cooperation between the Chancellor’s Office and the Elysée in order to push things forward.

Upon the Chancellor’s request, Mrs. de Margerie illuminates her ideas on the proceedings at the European Council in Luxembourg: In any case, one ought to avoid a collision of competing ideas in Luxembourg which would be a setback for one’s work. Rather, the important thing was to provide orientation for fundamental questions, such as the Common Foreign and Defense Policy and co-decision making.

The Chancellor considers this a very good proposition. The main question was to divide work in the proper way. Apart from that, his approach was to give the Dutch council presidency a chance to operate successfully. One also had to take into account Dutch hopes for the succession of the Commission President’s post. They could not put on the brakes and aim for such a position at the same time.

President Mitterrand poses the question about the fields of the intra-governmental conference entailing different views between Germany and France.

Mrs. de Margerie says there were no differences in fundamental questions. But one did not agree yet on the issue of co-decision. The largest problem was the British, as they were only aiming at a minimal consensus in this point.

The Chancellor says one ought to show consideration for the elections in Britain.

President Mitterrand responds that he could not endorse the idea for an immediate extension of the rights of the European Parliament. Basically, the European Parliament was not a true parliament. One just had to take a look at the French representatives who did not play any role in French politics at all. His idea was to turn the EP into a true parliament. One could then endow it with all the rights.

The Chancellor responds that this could not be done overnight, but the current situation was intolerable. Perhaps one ought to apply a step-by-step approach as in other issue areas.

The Chancellor then raises the question of the EFTA states‘ accession. We had to take into account Sweden’s accession and then Norway would certainly come next.

President Mitterrand says there was also Austria’s application for accession. Furthermore, Hungary and the CSFR were pushing for membership. They had better chances compared to Poland as they were further developed economically. The entire process was too rapid from his perspective, but it was important to offer these countries a perspective for membership.

 

[handwritten signature]

(Dr. Hartmann)

 

 

[1] BArch, B 136/59744, 235-244.

Kohl and Mitterrand comment on the situation in the Middle East, the Palestinian question and the idea of convening an international conference on the region.


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BArch, B 136/59744, 235-244. Contributed, transcribed, and translated by Stephan Kieninger.

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2023-01-25

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300119