April 28, 1992
The Chancellor's [Helmut Kohl's] Meeting with the President of the EC Commission on Tuesday, 28 April 1992, 13:30 – 15:00 Hours
VLR I Bitterlich Bonn, den 28. April 1992
V e r m e r k
Betr.: Treffen des Bundeskanzlers mit dem Präsidenten der EG-Kommission am Dienstag, 28. April 1992, 13.30 - 15.00 Uhr[1]
Teilnehmer neben dem Bundeskanzler und dem Präsidenten an dem Gespräch beim Mittagessen:
auf Seiten der Kommission
Herr Lamy, Kabinettchef
Herr Zepter, Berater
Frau Friedrich, Dolmetscherin
auf unsere Seite
Dr. Schäuble
Dr. Feiter
VLR I Bitterlich
Herr Zimmermann, Dolmetscher
Im wesentlichen ist festzuhalten:
1. Zur Uruguay-Runde im GATT
Präsident Delors erläutert seine Eindrücke aus seinen Gesprächen insbesondere im Hinblick auf die Chancen eines erfolgreichen Abschlusses der Runde vor Ende Juni: Er sei sich nicht sicher, ob amerikanische Seite - dies gelte nicht nur für Frau Hills und Herrn Madigan, sondern auch für AM Baker - wirklich noch den Abschluß vor den amerikanischen Präsidentschaftswahlen wolle. Auf Fragen des Bundeskanzlers verweist er darauf, daß eine Vertagung für die Ankurbelung der Weltwirtschaft psychologisch ungelegen käme. Die Position der Gemeinschaft in den GATT-Verhandlungen werde jedenfalls stärker, wenn sie - was er unbedingt wolle - die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik noch vor dem ER in Lissabon zustande bringe. Der Erfolg des Gipfels in München werde aus seiner Sicht auch bei einer evtl. Vertagung von GATT
letztlich nicht gefährdet - man müsse dann in einer entsprechenden Erklärung den Willen und die Notwendigkeit des Abschlusses nochmals bekräftigen,
Der Bundeskanzler und der Präsident sind sich darin einig, die Bemühungen um einen Abschluß vor Ende Juni intensiv fortzusetzen. Auf Anregung des Bundeskanzlers wird vereinbart, daß der Bundeskanzler einen Brief an den amerikanischen Präsidenten - im Sinne eines Appells, aber auch um die Verantwortung der amerikanischen Seite klar zu machen - richtet, in dem er ausdrücklich auf das Gespräch von Präsident Delors am 22. April in Washington bezugnimmt und dessen Vorschläge grundsätzlich unterstützt; Brief soll durch MD Dr. Feiter möglichst rasch in Washington Herrn Scowcroft übergeben werden. Wesentlicher Inhalt des Briefes wird zuvor zwischen Herrn Lamy und Herrn Feiter abgesprochen.
Der Bundeskanzler behält sich vor, nach Prüfung der Reaktion der amerikanischen Seite nochmals mit Präsident Bush in der kommenden Woche, d.h. vor dessen Treffen mit dem kanadischen MP Mulroney, zu telefonieren.
2. Vorbereitung ER Lissabon
Präsident Delors erläutert zunächst, daß man sich den Ablauf, Themen und die Ergebnisse des ER aus seiner Sicht - nach derzeitigem Stand der Vorbereitung - wie folgt vorstellen könne:
- zunächst treffe der ER wie üblich mit dem Präsidenten des EP zusammen;
- am Vormittag würden dann die Perspektiven der Erweiterung erörtert, wobei er - in Übereinstimmung mit dem Bundeskanzler - davon ausgehe, daß für die endgültige Verabschiedung im Sinne der Eröffnung der Verhandlungen mit den EFTA-Ländern "2 Etappen" notwendig seien, d.h. "grünes Licht" erst im Edinburgh möglich sein werde;
- während des Mittagessens könnten die Regierungschefs am besten über die Beziehungen zu Mittel-, Ost- und Südosteuropa sprechen;
- am Nachmittag könne dann ein erster Gedankenaustausch zu den finanziellen Perspektiven der EG stattfinden; der Bundeskanzler und der Präsident sind insofern übereinstimmend der Ansicht, daß es in Lissabon noch nicht darum gehen könne, Schlußfolgerungen zu ziehen;
- beim Abendessen wolle PM Cavaco Silva die Sitzfragen aufgreifen, die dringend einer Lösung bedürfen;
- im übrigen müsse in Lissabon auch über die künftige Kommission gesprochen werden; er sei der Auffassung, daß dabei nicht nur der Präsident, sondern auch bereits die gesamte Kommission benannt werden sollte, um dem Präsidenten des EP zu helfen;
- ferner habe der portugiesische Außenminister die "fixe Idee", in Lissabon die großen Leitlinien der Gemeinsamen Außenpolitik zu verabschieden; er werde versuchen, die portugiesische Seite insoweit zu bremsen - er erinnere nur daran, daß diese deutsch/französische Initiative in Maastricht gescheitert sei.
Der Bundeskanzler verweist im Hinblick auf die Sitzfragen darauf, daß für uns der Sitz der Europäischen Zentralbank in Deutschland die Kernfrage darstelle. Im übrigen überlege er auch, welche die beste Bezeichnung der künftigen europäischen Währung sei, der Begriff "ECU" könne in Deutschland niemandem verständlich gemacht werden - der Präsident warnt vor einer solchen Debatte, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt.
In Bezug auf die Zusammensetzung der EG-Kommission für die Jahre 1993/94 stimmt der Bundeskanzler den Gedanken des Präsidenten zu und weist auf seinen - dem Präsidenten bekannten - Vorschlag hin. Wenn Frankreich bei seiner Zustimmung bleibe, sehe er nicht, daß andere eine andere Lösung verfolgen würden.
Der Bundeskanzler und der Präsident sind sich darin einig, daß es leichter sei, in Edinburgh die Frage der Zusammensetzung des Europäischen Parlaments zu lösen, wenn zuvor eine positive Entscheidung über die Sitzfrage gefallen sei.
In Bezug auf die im Zusammenhang mit der Erweiterung anzugehenden institutionellen Anpassungen erläutert der Präsident auf Frage des Unterzeichners, daß er ein Vorgehen wie 1988 bei der Wirtschaffts- und Währungsunion favorisieren würde. Der Bundeskanzler verabredet, hierüber wie über die anderen in Lissabon anstehenden Fragen mit dem Präsidenten noch einmal zu sprechen.
3. Meinungsaustausch über die Lage und Perspektiven der Innenpolitik in Frankreich und Deutschland.
4. Der Bundeskanzler lädt den Präsidenten und seine Frau ein, an einem Sonntag im Mai/Juni in die Pfalz zu kommen und bei dieser Gelegenheit alle wesentlichen Fragen in Ruhe zu erörtern. Der genaue Termin soll in Kürze zwischen den Büros abgesprochen werden.
(Bitterlich)
[1] BArch, B 136/59730, 144-147.
VLR I Bitterlich Bonn, 28 April 1992
M e m o r a n d u m
Subject: The Chancellor's Meeting with the President of the EC Commission on Tuesday, 28 April 1992, 13:30 – 15:00 Hours[1]
In addition to the Chancellor and the President, the following co-workers participated in the working lunch:
From the Commission: | From our side: |
Mr. Lamy, Chief of Cabinet | Dr. Schäuble |
Mr. Zepter, Adviser | Dr. Feiter |
Mrs. Friedrich, Interpreter | VLR I Bitterlich |
| Mr. Zimmermann, Interpreter |
The essential results are as follows:
1. Uruguay Round GATT
President Delors sums up his impressions from the talks, particularly regarding the potential for successfully concluding the Round by the end June: He was not certain whether the American side really a conclusion before the American Presidential elections – this applied to Mrs. Hills and Mr. Madigan, and to Secretary of State Baker as well. Upon the Chancellor’s question, he points out that, in terms of psychology, postponement would come at an awkward time for the stimulation of the global economy. The EC’s position in GATT would be even stronger if the EC – and this was his aim – could complete the reform of its common agriculture policy prior to the European Council in Lisbon. In his view, the success of the World Economic Summit in Munich would not be endangered by a potential postponement of GATT.
They had to reaffirm their willingness and the necessity for a successful conclusion in an appropriate declaration.
The Chancellor and the President agree to intensify their efforts toward a conclusion by the end of June. Upon the Chancellor’s suggestion, they agreed that the Chancellor would write a letter to the American President as an appeal and emphasize the responsibility of the American side. He would explicitly refer to the conversation with President Delors on 22 April in Washington and endorse the latter’s proposals. MD Fetzer should present the letter to Mr. Scowcroft as soon as possible. The text of the letter would be discussed beforehand between Mr. Lamy und Mr. Feiter.
The Chancellor reserved the right to call President Bush next week after assessing the American side’s reaction, i.e., before the latter’s meeting Canadian PM Mulroney.
2. Preparations for the European Council in Lisbon
First, President Delors explains that, from his vantage point, the processes, topics, and results of the ER could be imagined as follows – based on the status of preparations:
- the European Council would, as is usual, initially meet with the President of the EP in the morning;
- During the midmorning, the perspectives on enlargement could be discussed. In agreement with the Chancellor, his assumption was that they needed two stages for the final adoption of a decision on the start of negotiations with the EFTA countries, which meant that a "green light" could be given at the European Council in Edinburgh;
- during lunch, the heads of government could best discuss relations with the countries of Central, Eastern, and Southern Europe;
- in the afternoon, they could have an initial exchange of thoughts about the EC’s financial perspectives; hence, the Chancellor and the President were in agreement about the fact that the Lisbon summit was not yet prepared to draft conclusions;
- during dinner, PM Cavaco Silva would bring up the polarizing questions which necessitated urgent solutions;
- at the same time, they also had to discuss the future commission in Lisbon; his position was that they should not just discuss the President, but appoint all members of the Commission in order to help the President of the European Parliament;
- further, the Portuguese foreign minister had the "fixed idea" to adopt decisions on the principles of the EC’s Common Foreign and Security Policy in Lisbon; he would try to slow down the Portuguese side. Here, he remembered that this Franco-German initiative had failed in Maastricht.
Regarding questions of proportional representation, the Chancellor says that it was a central issue for us to have the headquarters of the European Central Bank in Germany. Moreover, as for his thoughts on determining the best possible label for the common European currency, the term "ECU" could not be sufficiently explained in Germany. The President warned against such a debate, at least at the present moment.
Regarding the composition of the EC Commission for the years 1993/94, the Chancellor agrees with the President’s idea, pointing to his initiative – of which the President knew. If France kept its consent, it was unlikely that they would pursue another solution.
The Chancellor and the President agree that it would be easier to resolve the European Parliament’s composition in Edinburg if a positive decision on the seating question was found in advance.
Regarding the institutional adaptations in the wake of enlargement, the President says that he would favor a procedure along the lines of the economic and monetary union in 1988. The Chancellor says that they would discuss this question and all other issues at stake in Lisbon once more.
3. Exchange of thoughts on the situation and the perspectives of domestic policy in France and Germany.
4. The Chancellor invites the President and his wife to visit him in Palatine on a day in May/June to discuss all relevant questions in a relaxed atmosphere. The specific should be discussed between the bureaus shortly.
(Bitterlich)
[1] BArch, B 136/59730, 144-147.
Kohl and Delors discuss GATT, prepartions for the next European Council in Lisbon, the the future seat of the European Central Bank and the question of an appropriate label for the common European currency.
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