May 20, 1991
The Chancellor's [Helmut Kohl's] Meeting with President George Bush on Monday, 20 May 1991 in the White House
Abteilungsleiter 2 Bonn, den 22. Mai 1991
V e r m e r k
über das Gespräch des Herrn Bundeskanzlers mit dem amerikanischen Präsidenten George Bush am Montag, dem 20. Mai 1991 im Weißen Haus[1]
Präsident Bush heißt den Bundeskanzler herzlich willkommen.
Der Bundeskanzler erwidert, er freue sich, daß der Präsident wieder wohlauf sei.
Präsident Bush schlägt vor, zunächst das Thema europäische Sicherheit und NATO zu erörtern. Er freue sich, daß der Bundeskanzler diese Frage in seiner heutigen Rede klar und deutlich behandelt habe. Er wolle nur sicher sein, daß man sich auf der gleichen Wellenlänge befinde.
Der Bundeskanzler erklärt, er sehe hier kein wirkliches Problem. Man müsse aber auch den Hintergrund der Diskussion verstehen. Durch die Vereinigung gebe es jetzt 80 Millionen Deutsche. Die Bundesrepublik sei das wirtschaftlich stärkste Land Europas. Es gebe zwar derzeit den einen oder anderen, der glaube, wir machten eine politische Schwächeperiode durch.
Präsident Bush wirft ein, in der Tat gebe es hierüber eine Menge Spekulationen.
Der Bundeskanzler fährt fort, diese Spekulationen seien abwegig. Natürlich hätten wir noch Probleme, aber dies sei eine Frage der nächsten drei bis fünf Jahre. Man könne die Dinge nicht über Nacht ändern. Anderer-seits mache er folgende Rechnung auf: Wir hätten seinerzeit rund sieben Milliarden DM aus dem Marshall-Plan für 62 Millionen Einwohner der damaligen Bundesrepublik bereitgestellt. Jetzt hätten wir rund 100 Milliarden DM für 17 Millionen Einwohner der früheren DDR mobilisiert. Damit sei ein positives Ergebnis der Entwicklung klar vorgezeichnet.
Die neue französische Premierministerin Cresson habe erklärt, ihr wichtigstes Ziel sei Deutschland einzuholen. Das gleiche habe Chirac schon einmal gesagt. Er habe keine Probleme, wenn dies den Franzosen gelinge.
Vor diesem Hintergrund brauche Deutschland politisch und wirtschaftlich ein europäisches Dach. Dieses europäische Dach müsse zugleich mit einem NATO-Dach verbunden werden. Für ihn sei eine Politik indiskutabel, die die Integration Europas voranbringe, aber die Bindungen an die USA abschwäche. Es gehe hier nicht um ein "entweder-oder" sondern um ein "sowohl-als auch". Im Prinzip dächten im übrigen alle seine Kollegen so.
Präsident Bush fragt, ob Frankreich Probleme mit der vom Bundeskanzler benutzten Formel habe.
Der Bundeskanzler erwidert, auch Frankreich werde am Ende damit keine Probleme haben. Es sei aber wichtig, ab und zu eine Geste zu machen. Er treffe sich fast alle vier Wochen mit Präsident Mitterrand. Bei gemein-samen Initiativen überließen wir es den Franzosen, sie zu präsentieren.
Präsident Bush stellt die Frage, ob der Bundeskanzler glaube, daß Präsident Mitterrand ein europäisches Sicherheitsarrangement wolle, das die NATO überflüssig mache oder mit ihr konkurriere.
Der Bundeskanzler erwidert, Mitterrand habe noch kein festes Konzept in dieser Frage. Es könne am Ende auch kein Konzept herauskommen, das nicht mit der NATO verbunden sei. Im Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich sei es ungeheuer wichtig, daß Frankreich Atommacht sei und Deutschland nicht. Natürlich müsse man sehen, daß die Bedeutung der atomaren Rolle abnehmen werde.
Präsident Bush erklärt, er gehe davon aus, daß zwischen ihm und dem Bundeskanzler Einvernehmen bestehe (in der Frage der Sicherheitspolitik). General Scowcroft stimmt nachdrücklich zu. Präsident Bush fährt fort, alles, was die NATO unterminiere, w ürde die Unterstützung durch die USA sehr erschweren. Daher sei dieser Punkt sehr wichtig.
Der Bundeskanzler erklärt, er sei ganz sicher, daß die Sicherheitsinteressen identisch seien. Andererseits sei er bereit, eine Wette einzugehen, daß bereits in den nächsten Kongreßwahlen die Frage, was die USA ökonomisch und kulturell in Europa unternehmen, wichtiger sein werde als das Sicherheitsproblem. Die 90er Jahre seien nicht das Jahrzehnt der Japaner, sondern das der Europäer. Die USA würden sich selber schaden, wenn sie kein Interesse an dem jetzt entstehenden Binnenmarkt hätten. Er habe auf der KSZE-Konferenz im November 1990 in Paris erklärt, daß die USA im europäischen Haus ein Zimmer auf Lebenszeit haben müßten, wobei sie entscheiden müßten, ob und wann sie ein- und ausgingen, Das sei zugleich eine entscheidende Frage in den Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. Für uns sei die US-Präsenz in Europa existentiell. Er wolle, daß weiterhin amerikanische Soldaten in Europa stationiert blieben und zwar in einer substantiellen Größenordnung, und nicht nur als Dekoration.
Präsident Bush greift das Thema der wirtschaftlichen Beziehungen auf und erklärt, die Administration befinde sich zur Zeit in einer harten Auseinandersetzung um das fast-track-Verfahren durchzusetzen. Hierfür brauche er die Zustimmung des Kongresses. Man brauche Flexibilität auf allen Gebieten. Europa müsse vor allem in der Landwirtschaftspolitik flexibel sein. Was Frau Cresson früher zu diesem Thema erklärt habe, sei nicht ermutigend. Der Bundeskanzler müsse hier helfen. Wenn man in dieser Frage nicht wesentlich vorankomme, werde man vor großen Problemen stehen. Jeder weitere Fortschritt werde dann vereitelt. Er bitte noch einmal den Bundeskanzler, nach Kräften behilflich zu sein.
Der Bundeskanzler erwidert, in der Zielsetzung sei man nicht auseinander. Das gelte auch für die Mehrheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft. Beide Seiten müßten Kompromisse machen. Es handele sich im übrigen nicht nur um ein Problem zwischen den USA und der EG, sondern es sei auch ein Problem der Dritten Welt. Gerade für die Dritte Welt wäre es eine Katastrophe, wenn man sich nicht einige. Auf europäischer Seite müsse man die gemeinsame Agrarpolitik völlig ändern. In dieser Sache sei Kommissionspräsident Delors sehr hilfreich. Dafür werde er in Paris kritisiert. Man müsse von der Überproduktion und den Subventionen runter, insbesondere den Exportsubventionen. Außerdem müsse man die Ökologische Dimension in die Diskussion einbringen.
Präsident Bush stimmt nachdrücklich zu und erklärt, auch die USA subventionierten die Landwirtschaft und er wolle diese Subventionen loswerden. Dies sei besser für alle. Er habe kürzlich mit Kongreßabgeordneten ein Gespräch geführt, die ihn gebeten hätten, die Subventionen fortzusetzen. Er habe dem klar widersprochen.
Der Bundeskanzler erklärt, auch ohne die GATT-Runde müsse man das Problem lösen, beispielsweise, weil der Teil der Bevölkerung, der nicht in der Landwirtschaft tätig sei, diese Politik nicht länger mittrage. Man könne u.a. Flächen still legen und weniger düngen.
Präsident Bush stellt die Frage, ob Präsident Mitterrand in der nächsten Runde flexibel sein werde.
Der Bundeskanzler erwidert, er bohre jeden Monat einmal an diesem Punkt und sei im übrigen der einzige, auf den Mitterrand in dieser Frage höre. Man müsse allerdings sehen, daß die französischen Exporte ohne Subvention der Agrarexporte stark zurückgehen würden. Gleichzeitig sei in Frankreich der Absatz von Pkw's um 20 % zurückgegangen.
Hinzu komme ein weiteres Element: Präsident Bush habe eine Initiative zum Rüstungsexport in Aussicht gestellt. Auch dies sei eine Frage, die Frankreich besonders treffe.
Präsident Bush erwähnt seine Initiative in der Frage der C-Waffen.
Der Bundeskanzler erklärt, man müsse auch die anderen Waffen einbeziehen. Außenminister Baker habe heute von der geplanten Initiative im Sicherheitsrat berichtet und er könne sich vorstellen, daß man diese Problematik auch innerhalb der G 7 erörtere. Er wolle also noch einmal feststellen, daß es bei Frankreich nicht nur um Agrarexporte gehe, sondern man müsse die Gesamtbilanz sehen.
Präsident Bush stellt die Frage, ob Frau Cresson protektionistisch eingestellt sei.
Der Bundeskanzler erwidert, das wisse er nicht. Wenn Frau Cresson allerdings die Wirtschaftspolitik in Frankreich ändere, dann werde sie in den kommenden Wahlen schlecht aussehen.
Präsident Bush wirft ein, er glaube, daß Präsident Mitterrand sie fest im Griff habe.
Der Bundeskanzler erklärt, das treffe sicher zu.
Präsident Bush erkundigt sich nach der künftigen Rolle von Rocard.
Der Bundeskanzler erklärt, Rocard habe gute Chancen bei einer künftigen Kandidatur für die Präsidentschaft.
(Dr. Hartmann)
[1] BArch, B 136/59745, 63-67.
Head of Department 2 Bonn, 22 May 1991
M e m o r a n d u m
Subject: The Chancellor's Meeting with President George Bush on Monday, 20 May 1991 in the White House[1]
President Bush gives the Chancellor a warm welcome.
The Chancellor replies that he was pleased that the President was well again.
President Bush proposes that they first discuss the issue of European security and NATO. He was pleased that the Chancellor had dealt with this question clearly and unambiguously in his speech today. He just wanted to be sure that they were on the same wavelength.
The Chancellor explains that he saw no real problem here. But one also had to understand the background of the discussion. As a result of unification, there were now 80 million Germans. Economically, the Federal Republic was the strongest country in Europe. There were currently some people though who thought we were going through a period of political weakness.
President Bush interjects that there was, indeed, a lot of speculation about this.
The Chancellor continues, saying that these speculations were absurd. Naturally we still have problems, but this was a question of the next three to five years. One could not change things overnight. On the other hand, he made the following calculation: At the time, we had provided around seven billion DM from the Marshall Plan for 62 million inhabitants of the then Federal Republic. Now we had mobilized around 100 billion DM for 17 million inhabitants of the former GDR. This clearly indicates a positive outcome for future development.
The new French Prime Minister Cresson had said that her main goal was to catch up with Germany. Chirac had said the same thing before. He had no problems if the French managed to do this.
Against this background, Germany needed a European roof both politically and economically. This European roof had to be connected to a NATO one. For him, it was out of the question to pursue a policy that would advance the integration of Europe but weaken ties to the USA. This was not about an “either-or," but rather a “both-and." In principle, all his colleagues thought this way.
President Bush asks whether France has any problems with the formula used by the Chancellor.
The Chancellor replies that France would not have any problems with it in the end. But it was important to make a gesture every now and then. He met with President Mitterrand almost every four weeks. In the case of joint initiatives, we left it up to the French to present them.
President Bush asks whether the Chancellor believes that President Mitterrand wants a European security arrangement that would make NATO redundant or compete with it.
The Chancellor replies that Mitterrand did not yet have a fixed concept on this issue. In the end, no concept could emerge that was not associated with NATO. In the relationship between Germany and France, it was extremely important that France was a nuclear power and that Germany was not. Of course, one had to take into account that the importance of the atomic role would decrease.
President Bush declares that he assumed that there was an understanding between himself and the Chancellor (on the question of security policy).
General Scowcroft strongly agrees.
President Bush goes on to say that anything that undermined NATO would make support from the USA very difficult. Thus, this point was very important.
The Chancellor declares that he was quite certain that the security interests were identical. On the other hand, he was ready to bet that in the next congressional elections, the question of what the US was doing economically and culturally in Europe would be more important than the security problem. The 90s were not the decade of the Japanese, but rather that of the Europeans. The US would harm itself if it had no interest in the single market that was now emerging. At the CSCE conference in Paris in November 1990, he had said that the USA ought to have a room in the European house for life, and it had to decide whether and when to go in and out.
That was, at the same time, a crucial question in relations between Germany and the USA. For us, the US presence in Europe was existential. He wanted American soldiers to remain stationed in Europe on a substantial scale, and not just for decoration.
President Bush takes up the issue of economic relations and declares that the administration was currently in a tough fight to enforce the fast-track procedure. He needed congressional approval. One needed flexibility in all areas. Above all, Europe had to be flexible in agricultural policy. What Mrs. Cresson had said earlier on this matter had not been encouraging. The Chancellor had to help here. If one did not make significant progress on this issue, they would face major problems. Any further progress would then be thwarted. He once again asked the Chancellor to do what he could to help.
The Chancellor replies that there was no difference between their objectives. This also applied to the majority of the member states of the European Community. Both sides would have to make compromises. Moreover, it was not only a problem between the USA and the EC, but also a problem for the Third World. It would be a catastrophe, especially for the Third World, if they did not agree.
On the European side, the common agricultural policy had to be completely changed. Commission President Delors was very helpful on this. He was criticized for this in Paris. We had to get away from overproduction and subsidies, especially export subsidies. In addition, one had to bring the ecological dimension into the discussion.
President Bush emphatically agrees and declares that the US was also subsidizing agriculture, and that he wanted to get rid of these subsidies. This was better for everyone. He had recently had a conversation with Congressmen who had asked him to continue the subsidy. He had clearly contradicted that.
The Chancellor points out that the problem would have to be solved even without the GATT round, for example because the part of the population who did not work in agriculture would no longer support this policy. One could, among other things, shut down areas and fertilize less.
President Bush asks whether President Mitterrand would be flexible in the next round.
The Chancellor replies that he came back to this point once a month and that he was the only one to whom Mitterrand would listen on this question. One must, however, see that French exports would decline sharply without subsidizing agricultural exports. At the same time, sales of cars in France fell by 20%.
There was also another element: President Bush had promised an initiative with regards to arms exports. This was also a question that particularly affected France.
President Bush mentions his initiative on the chemical weapons issue.
The Chancellor declares that the other weapons must also be included. Foreign Minister Baker had reported today on the planned initiative in the Security Council and he could imagine that this issue would also be discussed within the G7. Hence, he wanted to state once again that French issues were not just about agricultural exports, but that one had to look at the overall balance sheet.
President Bush asks whether Mrs. Cresson was protectionist.
The Chancellor replies that he did not know. However, if Mrs. Cresson changed economic policy in France, she would look bad in the upcoming elections.
President Bush interjects that he believed President Mitterrand had a firm grip on her.
The Chancellor declares that this was certainly the case.
President Bush asks about Rocard's future role.
The Chancellor explains that Rocard had a good chance of running for the presidency in the future.
(Dr. Hartmann)
[1] BArch, B 136/59745, 63-67.
Kohl and Bush talk about European security, NATO, the U.S. military presence in Europe and ideas for the establishment of a European pillar in NATO.
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